Stell dir vor, du bist Mountainbiker. Also keiner dieser Pseudo-Sportler mit der grellgrünen Softshelljacke vom Discounter, sondern jemand mit echtem Grip, einem Bike, das mehr kostet als ein Kleinwagen, und dem Drang nach Freiheit. Du trittst in die Pedale, der Wald ruft. Doch kaum hast du Fahrt aufgenommen, steht da schon wieder so ein Schild: „Radfahren verboten!“
Willkommen im deutschsprachigen Raum.
Österreich: Das Mittelalter lebt
Beginnen wir mit dem Land der Kaiser, Kärntner Kasnudeln und kafkaesken Gesetze: Österreich. Hier regiert nämlich §33 des Forstgesetzes aus dem Jahr 1975. Du hast richtig gelesen. 1975! Damals trug man Schlaghosen, rauchte im Zug und dachte, das Faxgerät sei die Krönung der Kommunikation.
Und genau aus dieser Epoche stammt auch die Regel: Im Wald darfst du nur radeln, wenn der Waldbesitzer einverstanden ist. Und weil 82 % des Waldes in Privatbesitz sind, bedeutet das in der Praxis: Verboten!
Völlig absurd. Du darfst spazieren, joggen, reiten – aber wehe du hast zwei Räder und ein Lächeln im Gesicht. Dann bist du eine Gefahr für die Republik.
Doch die Szene wehrt sich. Ein Volksbegehren fürs freie Wegerecht wurde gestartet, und langsam kommt Bewegung rein. Aber noch immer ist das Mountainbike in Österreich ein gesetzliches Feindbild.
Deutschland: Viel Lärm um zwei Meter
Springen wir über die Grenze nach Deutschland. Hier sieht alles erstmal ganz okay aus. Laut Bundeswaldgesetz darfst du auf Wegen und Straßen fahren. Klingt vernünftig, oder?
Doch dann kommt Baden-Württemberg. Das Land der Kehrwoche und der schwäbischen Korrektheit. Hier gilt die legendäre Zwei-Meter-Regel: Ist ein Weg schmaler als zwei Meter, ist Radfahren verboten. Punkt.
Die Idee dahinter? Naturschutz und Sicherheit. Die Wirklichkeit? Ein Flickenteppich an Verboten, kaum kontrollierbar, und vor allem: Realitätsfern. Denn wer jemals mit einem Wanderer gesprochen hat, weiß: Konflikte entstehen nicht durch Wegbreite, sondern durch Rücksichtslosigkeit – auf beiden Seiten.
Viele andere Bundesländer haben die Regel nie eingeführt. Bayern? Kein Thema. Brandenburg? Freie Fahrt. Nur das Ländle hält stur an einem Paragraphen fest, der eher einem Museumsstück gleicht.
Schweiz: Kantönli-Trail-Voitä
Und dann ist da noch die Schweiz. Ah, die Alpen, der Käse, das Uhrwerk der Pünktlichkeit. Hier darf man im Wald radeln. Also meistens. Außer vielleicht in Zug. Oder Appenzell. Oder Graubünden. Je nachdem, in welchem Kanton du gerade bist.
Denn in der Schweiz gilt: Was nicht explizit verboten ist, ist erstmal erlaubt. Aber wehe, der Kanton sieht das anders. Dann kann es ganz schnell heißen: „Trail gesperrt, merci.“ Die Folge: Ein Labyrinth aus regionalen Regeln, die selbst ein GPS-System ins Schwitzen bringen.
Doch im Gegensatz zu Österreich ist die Schweiz pragmatischer. Es gibt viele ausgeschilderte MTB-Routen, Kooperationen mit Tourismusverbänden und immerhin: Bewegung Richtung Legalisierung.
Die Vision: Trails für alle (die sich benehmen können)
Warum ist das alles so schwierig? Weil Wald kein Niemandsland ist. Er gehört jemandem, er dient der Erholung, der Wirtschaft und dem Naturschutz. Klar. Aber genau deshalb braucht es eine einheitliche, moderne und praktikable Lösung.
Was, wenn sich die Verbände aus Deutschland, Österreich und der Schweiz endlich zusammentun würden? Ein DACH-Trail-Kodex, der die Rechte und Pflichten von Mountainbikern regelt. Der Standards definiert, Trailbau fördert und Konflikte reduziert.
Die ersten Ansätze gibt es: DIMB, IMBA Europe, Swiss Cycling, BikePro – sie alle könnten Teil einer grenzüberschreitenden Trail-Offensive sein. Mit digitalen Karten, zertifizierten Trails, einem gemeinsamen Wertekatalog.
Schluss mit dem Flickenteppich
Mountainbiken ist kein Verbrechen. Es ist Leidenschaft, Bewegung, Naturverbundenheit. Was wir brauchen, ist kein weiteres Verbot, sondern Verständigung. Zwischen Bikern, Waldbesitzern, Wanderern und Politik.
Denn am Ende wollen wir doch alle dasselbe: Raus in die Natur, rein ins Leben. Und zwar ohne ständig Schilder zu lesen.
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